Nachlass 'Josef Kreuter, Farben- und Stempelfabrikant, Frankfurter Str. 131, Gießen'

Dankesbrief des Sohnes Fritz Kreuter an seine Eltern

Offenbar hat Josef Kreuter seinem Sohn an dessen 30. Geburtstag an seiner Stempelfabrik beteiligt. Hierfür bedankt sich Fritz Kreuter überschwenglich bei seinen zur Kur in Bad Reichenhall befindlichen Eltern.
Er verspricht seine Aufgabe pfichtbewusst und gewissenhaft zu erfüllen, so wie es dem neuen deutschen Geist eines überzeugten Nationalsozialisten würdig sei.
Fritz Kreuter wurde später hoher regionaler SA und NSDAP Funktionär und hat sich in dieser Funktion durch seinen Kampf gegen die freie Presse Oberhessens einen Namen gemacht. Nach dem Krieg wurde er entgegen seiner eigenen Befürchtung als Mitläufer eingestuft.

Fritz Kreuter

Gießen, 30. Juli 1935

Mein lieber Vater,
      meine liebe Mutti, noch bevor
dieser Tag zu Ende geht, muß ich
Euch in dem Ausdruck innigsten
Dankes mein Empfinden über Eure
Liebe, das Vertrauen und Vaters
Geschenk vermitteln.
      Wenn es in meinem Leben nie
einen schöneren, reicheren Geburtstag
gegeben hat, so ist dieser Tag
zugleich der denkwürdigste, der mich
an seinem Feierabend zu einer
Stunde stiller Betrachtung zwingt
und mich Worte suchen lässt für
den Ausdruck meines Glückes,
meiner reinsten Freude und

mich dankbar denken lässt an
Euch, meine Eltern.
      Leicht könnten Worte bei der
Wiedergabe meiner Gefühle an diesem
denkwürdigen Abend wie Phrasen
scheinen, und darum möchte ich
Euch beiden ohne große Worte
sagen, daß ich Euch von Herzen
danke für das große Vertrauen
und mich dessen allzeit würdig
zu erweisen mit ernstem Willen
und Eifer bemühen will.
      Daß meine frühere Leichtigkeit,
Sorglosigkeit und Euch viel Kummer
schaffende langgelebte Jugend, diesen
Entschluß nicht früher und auch
jetzt nach reiflichen Überlegung fassen
lassen konnte, muß ich einsehen

und wird mir voll verständlich
bleiben. Unverhofft, eine mich
tief bewegende Überraschung bleibt
Euer Entschluß, als ein großes Geschenk
eine ewige Freude und eine unvergess-
liche Erinnerung an meinen 30. Geburts-
tag.
      Dankbar empfinde ich Eure Liebe und
Zuneigung zu Liselotte, die gleich mir
an diesem Tage tiefbewegt und voll
herzlichen Dankes ist, und froh auch
macht mich Eure Liebe und Anteil-
nahme an meinen Jungen. Diese
beiden, die Lebensinhalt sind für
mich, werden es mir leicht machen,
gesteckten Zielen nachzujagen,
Pflichten zu übernehmen und zu
erfüllen als ein Mann, der die
Verantwortung für eine Familie

trägt. Damit auch glaube ich eine
vermehrte Freude an Verantwortung
in meinem Berufe, ein größeres
Verständnis für Verantwortungsbewußtsein
begründen zu können.
      Daß ich, mein Vater, die richtige
Liebe für dein Werk mitbringe, darf
dir Bewußtstein sein. Nicht nur die
Existenz, die Erwerbsquelle ist mir
Dein Lebenswerk, sondern es soll sein
und ist mir heiliger Lebenszweck,
kostbares Gut, um dessen Erhaltung
und Förderung ich zu leben Verpflichtung
in mir tragen soll, muß und auch kann.
      Spät, langsam und nicht ohne
Rückfälle aus der Sorglosigkeit der
Jugend entkommen, vermag ich heute
Begriffe wie Arbeit, Pflicht , Verantwortung

zu definieren und war bestrebt
Beweis dafür zu erbringen. Gerne
hoffe ich, daß meine Tätigkeit
in dem jüngsten Zeitabschnitt
Deine Zufriedenheit, die des Vaters
und Chefs, fand und Dir Deinen
Entschluß erleichtern konnte.
      Kaum wird eine neue Position,
wie die mir eingeräumte, mehr an
Arbeit bringen können, da ja auch
jetzt schon Dein Vertrauen mir Dein
Werk gibt zur Führung in ...,,
und nun ein bedeutend größeres
Maß an Verantwortung zugleich mit
Disposition wie Vertrauen auf Fähigkeit,
Bestand +Vorwärtsstreben erlegst Du

mir auf; dessen bewußt und
dankbar dafür, glaube ich Dir als
meinem Vater und, solange Du
bei uns bist und uns ein höheres
Wesen Dich uns erhält, als meinem
Chef die Versicherung geben zu
können und zu müssen, daß
ich Deiner würdig zu sein eifern
will, und es mir möglich sein
wird, Dir den Glauben an Deine
Kinder zurückzugeben und damit
Deinem an Aufregungen und Betrübnis
so reichem Leben einen schönen
Abend zu bewirken.
      Laß mich, Vater, solche Zeilen als
ein Zweck Deines Geschenkes betrachten,

und eine solch felsenfeste Absicht
zugleich zu einem Geschenk für
den Tag werden, an welchem Du mit
doppeltem Alter auf Deinen Sohn
und mit dreifachem Alter auf
Deinen Enkel schauen kannst, als
auf die Garanten zur Erhaltung
Deiner Tüchtigkeit, Deines Lebenswerkes.
      Noch eines und das soll Mutti
als ein Faktum an diesem Tage
empfinden: Da, im vollsten Bewußtsein
des Dankes, den ich Dir schulde für
das viele Wertvolle, daß mir durch Dich
ward, glaube ich nicht versichern zu
müssen, daß ich Dich Deine Fürsprache nie
reuen lassen werde, da Deine Ziele
eng mit den meinen verknüpft sind,
und daß auch wir fortan und immer.

Das ist mein innigster Wunsch in
bestem Frieden, in Verständnis und
Treue zu einander stehen werden.
      Laßt mich, liebe Eltern, der
Vertreter eines neuen Geschlechtes
sein, aber ich will gerade als solcher
in der wahren Weltanschauung eines
Nationalsozialisten, eingedenk der
Taten der Väter, würdig derer werden
und Mann sein, wo Pflicht und
Verantwortung gefordert wird.
     Und nun, meine lieben Eltern,
erspart mir jetzt den Bericht über
alles andere Schöne an diesem Tage, es
verblasst vor der einen Offenbarung.
Ich werde Euch morgen schreiben und
für alles noch einmal danken.
Nehmt auch von Liselotte die innigsten
Wünsche zur Genesung und mit innigem
Dank herzliche Grüße von Eurem Fritz.               Jost

     

© Horst Decker