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weitere Briefe aus KZs

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Postkarte Konzentrationslager Auschwitz 2. Februar 1944
Brief Konzentrationslager Auschwitz 29. April 1944
Brief Konzentrationslager Auschwitz 27. August 1944
Brief Konzentrationslager Buchenwald 28. April 1940
Brief Konzentrationslager Buchenwald 1944
Brief Konzentrationslager Dachau 30. August 1940
Brief Konzentrationslager Dachau 6. März 1943
Brief Konzentrationslager Dachau 12. Dezember 1943
Brief aus dem KZ Dachau 2. Dezember 1944
Brief Konzentrationslager Dachau 29. Dezember 1944
Brief Konzentrationslager Oranienburg 18. Juli 1943

Brief Konzentrationslager Dachau 2. September 1939

Brief vom 2. September 1939 aus dem Konzentrationslager Dachau


Aus den Konzentrationslagern durften nur Briefe versendet werden, die in gut leserlicher deutscher Sprache auf dem vorgesehenen Brief- oder Postkartenformular des Lagers geschrieben waren. Jeder Verstoß hiergegen führte nicht nur dazu, dass der Brief nicht weitergeleitet wurde, sondern eventuell auch zu Sanktionen. Da alle Briefe einer Zensur unterlagen, war es auf dem offiziellem Wege nicht möglich, über die wahren Zustände in den Lagern, über den eigenen Gesundheitszustand und die erfahrene Behandlung, erst Recht nicht über Mord, Tod, Demütigungen, Willkür, Menschenversuche, Hunger, Verletzungen und Krankheiten zu schreiben. Daran hielten sich die Lagerhäftlinge auch, denn sie wollten nicht den einzigen Kontakt nach außen riskieren, einerseits, da sie auf dringend notwendige Zuwendungen von außen hofften, andererseits aber auch, um Informationen über den Verbleib und die Lebensumstände der Famile und der Bekannten außerhalb des Lagers zu erhalten.
Und natürlich hofften sie aus dem Umstand, dass man von ihnen wusste, einen gewissen Schutz zu erlangen,

Nur wenn man die familiären Umstände der Gefangenen kennt, so bemerkt man unter Umständen, dass in Lagerbriefen trotz deren scheinbar banalen Inhalte durchaus geheime Mitteilungen versteckt sein können. Man bediente sich u.A. dem Geheimcode, in dem man Begebenheiten aufschrieb, die (nur) für den Empfänger erkennbar unwahr waren und so Rückschlüsse auf Erlebnis des Briefschreibers zuließen. So schreib der Häftling z.B. in diesem Brief davon, dass er hofft, dass sein 'Gewicht von 63-65kg nicht herabgesetzt wird'. Bei Kenntnis seines Gewichts aus der Zeit vor der Inhaftierung könnte das darauf hinweisen, dass die Lebensmittelversorgung gering ist und er bereits erheblich abgenommen hat, denn 63-65kg erscheint für einen erwachsenen Mann sehr wenig.

Der Brief stammt von einem polnischen Häftling und wurde am 2. Tag des Überfalls auf Polen, also unmittelbar bei Kriegsbeginn geschrieben. Der Betroffene war zu diesem Zeitpunkt laut Briefinhalt bereits einige Zeit lang in Haft. Man könnte die Haftdauer, die zum Zeitpunkt des Briefabsendens bestand, auf 2-3 Monate schätzen, wenn man davon ausgeht, dass die Ehefrau des Briefschreibers die Möglichkeiten, ihrem Mann zu schreiben, voll ausgenutzt hat.
Ev. lebte der Inhaftierte in Deutschland, worauf auch das fehlerfreie Deutsch und Dialektausdrücke hinweisen. Der Briefschreiber erwähnt, dass er kurzfristig in einer Schule inhaftiert war, wohin ihm seine Frau Wäsche schickte. Das könnte auf eine unvorbereitete Verhaftung und Verbringung in eine Schule sein, die als Sammellager genutzt und von wo aus der Briefschreiber mit anderen Häftlingen nach Dachau transportiert wurde.
Der Brief ist in deutscher Sütterlinschrift verfasst.


Der Postverkehr mit den Lagern, unterlag, wie bereits erwähnt, strengen Regeln, die ich hier betreffend des Jahres 1939 für das Lager Dachau dem Briefvordruck wörtlich entnehme:

Konzentrationslager
Dachau 3K


Folgende Anordnungen sind beim Schrift-
verkehr mit Gefangenen zu beachten:

1.) Jeder Schutzhaftgefangene darf im
Monat zwei Briefe oder zwei Karten von
seinen Angehörigen empfangen und an sie
absenden. Die Briefe an die Gefangenen
müssen gut lesbar mit Tinte geschrieben
sein und dürfen nur 15 Zeilen auf einer
Seite enthalten. Gestattet ist nur ein Brief-
bogen normaler Größe. Briefumschläge
müssen ungefüttert sein. In einem Briefe
dürfen nur 5 Briefmarken á 12 Pfg. beige-
legt werden. Alles andere ist verboten und
unterliegt der Beschlagnahme. Postkarten
haben 10 Zeilen. Lichtbilder dürfen als
Postkarten nicht
verwendet werden.

2.) Geldsendungen sind gestattet.

3.) Zeitungen sind gestattet, dürfen aber
nur durch die Poststelle des K.L. Dachau
bestellt werden.

4.) Pakete dürfen nicht geschickt werden,
da die Gefangenen im Lager alles kaufen
können.

5.) Entlassungsgesuche aus der Schutzhaft
an die Lagerleitung sind zwecklos.

6.) Sprecherlaubnis und Besuche von Ge-
fangenen im Konz.-Lager sind grundsätzlich
nicht gestattet.
Alle Post, die diesen Anforderungen nicht
entspricht, wird vernichtet.

Der Lagerkommandant!


das Briefcouvert ist nicht mehr vorhanden

Briefinhalt

Name: Josef Macák
geboren am: 26. VIII. 1880
Block: XXI       Stube: 1
Dachau 3K, den: 2.IX.1939

Meine teuerste Frau!
Ich habe von Dir
im Ganzen vier Briefe
und eine Karte erhalten. Die
Wäsche, welche Du mir in die
Schule geschickt hast, habe ich
erhalten. Geld schicke mir vor=
läufig nicht, weil ich derweil
ausreiche, denn Essen und

Brot habe ich genug. Ich
hoffe übrigens, daß mein Ge=
wicht von 63-65kg nicht he=
abgesetzt wird. Im Schreiben
wurden wir durch zweimalige
Übersiedlung vom XIX. in den X.,
und vom X. in den XXI. Block
gestört, hoffentlich wirst Du
nicht dadurch bekümmert.
Die jetzige Adresse hast Du
vom Couvert. Ich bin ziemlich
gut beisammen und hoffe,

ebenfalls wie Du, daß wir
uns wieder bald sehen werden.
Meine Grüße gelten allen
und Dir einen großen Kuß.
tatieék Macák

Adresse: Macá Josef
Konzentrationslager
Dachau 3K
Block XXI., Stube 1)
Ich schreibe in Zukunft im Monat
nur noch einmal!

ausgewählte Bücher über das Konzentrationslager Dachau





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