Chemnitz, den 30. September 1935
Liebe Eltern u. Schwester!
Zuerst möchte ich Walter zu seinem Geburts=
tag gratulieren. Ich wünsche Ihm alles Gute
u. rechte Gesundheit. Mir ist es nicht möglich
einen Brief extra zu schreiben, denn ich muß
Rudi noch einige Male schreiben. Auch danke ich
Rosa u. Liesel für ihren Besuch. Von diesen
Pfirsischen hätte ich gerne einen verdrückt,
aber leider geht hier nichts zu machen. Na,
ich glaube Liesel ist auch nicht erstickt
dran. Das ihr die Küche schon wieder vorrichtet
ist mir etwas Neues. Sollten das schon 2 Jahre
her sein?, als sie das letzte Mal gestrichen
wurde. Hoffentlich ist sie nicht wieder
schwarz bis ich komme. Liebe Mutter bist
Du denn für diesen Winter versorgt in Kartoffeln,
Kohlen u. Eingelegtes, so wie andere Jahre?
Ich glaube dieses Jahr ist es entschieden
schwerer, all die Gläser zu füllen, denn es ist
alles mächtig teuer u. für uns armen Leute
unerschwinglich. Voriges Jahr konnte
ich es Dir billig beschaffen. Na, es wird
auch wieder Frühling für uns. Mit den
Wagen verkaufen habe ich mir es überlegt,
es wird besser, ich behalte ihn, denn es ist
ein sehr guter Wagen u. bekomme nie den
Wert, überhaupt jetzt im Herbst, bezahlt.
Schraubt den Wagen vollkommen ausein-
ander, hebt Schrauben u. alle kleinen Teile
sehr gut auf. Räder kommen in den Keller,
die Federn, Achsen u. Bretter gehen gut in
der Kammer unterzubringen. Gebt die
Garage auf, die Kisten nehmt ausein=
ander. Mir geht es wohlauf, hoffe jeden
Tag so fortzukommen, die Sache wird
nun bald langweilig. Auch lasse ich
alle recht herzlich grüßen. Schafft
ihr noch Butter fort? Wie geht Euch allen
draußen? Nun seid daheim gegrüßt u. haltet
Euch gesund u. munter.
Hans
© Horst Decker
Der vorhandene Briefwechsel endet hier. Möglicherweise gibt es noch viele weiteren Schreiben von Hans. Seine Briefe wurden jedoch leider von dem Verkäufer in Einzelposten aufgeteilt und an verschiedene Sammler verkauft, zu denen wir keinen Kontakt haben.