profilm.de Zeitzeugenberichte Zusammenfassung

Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes
berliner Fräulein

                      Sonntag, 18. Oktober 42
Liebes Klärli!
    Lange ist es noch nicht Sonn=
tag, es ist nämlich noch dunkle
Nacht und 1/2 2 Uhr. Sicher wirst
Du jetzt fragen, wie ich auf die
Idee komme und Dir nachts Brie=
fe schreibe. Mein Funkdienst ge=
stattet das ausnahmsweise mal.
Um 4 Uhr werde ich mich schlafen
legen, dann habe ich die letzten
24 Stunden nicht mehr geschlafen,
man gewöhnt sich aber an alles.
Seit längerer Zeit haben wir jetzt
eine kleine Abwechselung,

eine ordentliche Tanzkapelle spielt
zur Unterhaltung, dazu singt
eine Frau in oft wechselnden Kos=
tümen mit einer tiefen Stimme die
Schlagertexte. Derartige Sachen ge=
fallen uns natürlich immer bestens,
Tanzmusik ist doch hier unsere
schwache Seite. Zum Beispiel "Die
Männer sind schon die Liebe wert",
"Peterle" oder "Es war ein Mädchen
und ein Matrose" und weitere neue
und ältere Schlager. Einen Film gab
es hier auch, aber uralt, außerdem
habe ich diesen Film schon wiederholt
gesehen, er heißt "Immer nur Du".

Uns Soldaten werden meistens nur
lustige Filme gezeigt, sowie "Marge=
rit: 3", "Sieben Jahre Pech" und wie
sie alle heißen. Für ernste Sachen
haben wir meistens nicht die nötige
Stimmung. Der Wettergott meint es
noch ganz gut mit uns, wahrscheinlich
wird der kommende Winter nicht ganz
so streng wie der vergangene. Wenn
man im Winter nicht gerade durch
die Gegend reisen muß, dann geht
es ja noch. Unsere jetzige Wohnung
haben wir uns ganz nett eingerichtet.
Eine neue Sportart von uns, ist das
Mäusefangen, dazu werden alle Arten

von Mäusefallen gebastelt, bei man=
chen müßte man für die Maus
die Gebrauchsanweisung beilegen, da=
mit sich auch hineinfindet.

   Für heute will ich nun wieder
schließen mit den besten Grüßen
und Wünschen für Dich
               Dein
                     Ulli



     


© Horst Decker