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Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes berliner Fräulein

                      22. Sept. 1942
Liebes Klärli!
    Wie ich Dir ja son ange=
kündigt habe, so will ich den Federkrieg
verschärfen. Das mir alle Mittel recht sind,
daß siehst Du schon an diesem Brief, ich
greife sogar zur Abwechselung mal zu ei=
ner anderen Schrift, bekomme also kei=
nen Schreck und denke nicht, daß ich
das Schreiben verlernt habe. Außer=
dem ist der Winter nahe, die
Abende werden länger, somit auch
meine freie Zeit, die ich mehr oder
weniger für Dich opfern will. Wenn
ich Dir damit auf die Nerven falle,
dann verpasse mir ruhig eine Zigarre,
die Erlaubnis dazu erteile ich Dir hier=
mit. Irgend etwas Schönes gibt es

hier in der großen unendlichen Ein=
öde nicht, als Ersatz träume ich um=
so öfter von schönen Dingen und von
Liebe ....

         Ich träume von Liebe ...
         Wenn im Dunkel der Nacht ...
         Gitarren erklingen ...
         Und die Sehnsucht erwacht ...

Bei diesen Träumen bleibt es leider,
es sei denn, ich werde schon vorher un=
terbrochen vom hier zu Lande üblichen
Kriegsgetöse!! Wenn ich auch noch kei=
ne Nacht der tausend Bomben erlebt
habe, so ist eine Nacht der hundert Bom=
ben allerdings schon da gewesen, so et=
was ist schaurig - shön! Aber Un=
kraut vergeht nicht, ich laufe also

immer noch umher hier. Nun bin ich
beinah vom Thema abgekommen,
wollte ich doch heute nur ein liebes
Briefchen schreiben. Übrigens, wirst
Du auch genügend Zeit haben für
mich, wenn ich Dich besuche? Ist es
doch viel schöner, wenn das Wort
'Unbekannt' nicht mehr zwischen uns
steht, findest Du nicht auch? Was ich
ganz vergessen habe, ich wollte
mich für die Karte aus Berlin
bedanken, was ich hiermit nun
nachgeholt haben möchte.
   Alles hat ein Ende und mein
Brief auch.
            Herzliche Grüße
               Dein
            Ulli


grafisch gestaltete Rückseite des Briefes






     


© Horst Decker