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Brief aus Ungarn an Ehefrau in Frankfurt/Main, 4. Dezember 1944

Die Truppe von Dr. Schneider befindet sich nach mehreren Absetzbewegungen in Ungarn. Hier hat Dr. Schneider erfahren, dass er Vater einer Tochter geworden ist, worüber er sich sehr freut..


undatiert

Liebstes Margot mit Almute!
so, zuerst hast Du meine erste Re-
-aktion auf die Briefe nach der Ge-
-burt von Almute erfahren.
Unser Mädelchen ist also am 18.
November abends geboren worden u.
nicht, wie ich bisher annahm, am
20. Die Größe ist ja wahrhaftig
für ein Mädel recht stattlich.
Du hast's halt während der Ent-
-wicklungszeit zu gut gemeint oder
sollte Almute wirklich ihrem Vater
nachgeraten? Dunkelblond, schrieb
Mutti, aber das kann sich ja doch
noch vollkommen ändern. In einem
Vierteljahr oder noch später wird das
erst einigermaßen stabil werden.
Frauchen, daß Du so ganz zufrie-
-den bist mit deinem pausbäckigem
kleinen Etwas, hat mich doch riesig
gefreut. Das hast Du aber auch

wahrhaftig schwer verdient.
Ich selbst war ja so neugierig
über unser Gör und ich bin es
doch noch, auch wenn Ihr u
Hans mir alles ganz genau
beschreibt und erzählt. Aber Du
wirst verstehen, wie ich das meine;
denn sehen und wirklich er-
-leben will ich doch Euch zwei
beiden.
Dennoch will ich aber jede Kleinig-
-keit erzählt wissen und denke
Du daran, soviel als möglich dabei
den Fotoapparat zur Hilfe zu neh-
-men. Er ist beim Schreiben wie
beim Erzählen im nächsten Urlaub
eine gute Hilfestellung. Ich
hoffe, Du kommst damit zurecht,
daß ich auch darauf gespannt u.
neugierig bin, versteht sich
ja und nun kann ich auch
meine Freude in alle Welt hi-
-neinposaunen. Ich bin ja so voll

davon- und Du bist dran Schuld!
Hier muss ich kurz zu dem Gekra-
-kel am Rand sagen, daß das
der Versuch vor dem Einkauf des
Briefpapieres war, ob es auch ja
nicht ausläuft, wenn man mit
Tinte darauf schreibt. Nun, Du
kennst es ja inzwischen.
Wenn bloß die Post nicht so ewig
lange laufen würde. Na die Haupt-
-sache, sie kommt an. Die Wochen,
an denen mich die Unruhe besonders
peinigte, sind ja jetzt hoffentlich vorü-
-ber. Aber es ist doch verrückt, wenn
man von Renate Christel und den
Eltern Briefe erhält, die 14 Tage
später als die Deinigen datiert sind.
Erleichtert atmete ich auf, als Mutti
nun endlich den Empfang des
Strickwarenpäckchen meldete. Es ist so
wahrhaftig wieder mal gerade zur
rechten Zeit, aber wie üblich zum
letzten Moment angekommen.

Immer und immer wieder müssen
wir uns halt dazu bequemen,
nach langen Warte- und Spannungs-
-zeiten doch an unseren guten Stern
zu glauben.
Dann wollen wir auch die Hoffnung
nicht aufgeben, daß noch manches
andere Päckerl seinen Weg nach ...-
heim finden mag.
Wegen der Geldangelegenheit werde
ich heute nochmals nach Neubran-
-denburg schreiben. Nachdem ich
aber den Leuten mitgeteilt habe,
daß Du alle Vollmachten hast
und das entsprechend vom Kom-
-mandeur bestätigt ist, kannst
auch Du noch mal schreiben. Ich
mache mir schon bald Gewissensbisse,
Dich zu lange ohne Geld gelassen
zu haben. 100,- od. 150.- RM habe
ich Dir am ... geschickt. Ich werde
mich auch danach erkundigen. Damit
genug. Jetzt laß Dir lieb in die Au-
-gen schauen. Dir Dank sagen für alles.
Deine Liebe, die nun ihre erste Krönung mit
unserer Almute gefunden hat. Mit innigsten
Küssen u. herzl. Grüßen
Dein Wolf
!Daß Du Dich ja schonst und mir recht bald
wieder ganz gesund und munter bist.
Dazu wünsche ich Dir alles Gute,
was ich mit einem ganz lieben Busserl hiermit
bekräftige!

                               

© Horst Decker





     




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