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Brief von der slowakisch-ungarischen Grenze bei Sered an Ehefrau in Frankfurt/Main, geschrieben am 1. November 1944, bevorstehende Geburt des gemeinsamen Kindes

Die Truppe, der Dr. Schneider angehört, hat sich wegen den anrückenden englischen Truppen aus der französischen Somme-Region zurückgezogen und ist nun in der Grenzregion Slowakei-Ungarn stationiert, wo sich die Truppe in Sered eingerichtet hat.
Dr. Schneider spricht von dem kommenden Geburtstermin und seiner Liebe zu seiner Frau.


O.U. d. 1. XI.44

Liebstes Frauchen!
November ist's, der Monat also, wo Klein-
Schneider das Licht der Welt erblicken will,
seine Mutti ein paar schwere Tage durchmacht
und der Vati nervös auf gute Nachrichten
wartet. Ja, und am Ende wollen wir 3 uns
dann zusammentun und uns über unsre Fami-
liengründung herzlich freuen, selbst wenn der
eine Teilnehmer das erst in Jahren zu verstehen
vermag.
Du, jetzt zappelt's in Deinem Bäuchl ganz
furchtbar. Warum? nun, weil ich selbst in einer
ganz zappeligen Stimmung bin, wenn ich an
das Kommende denke. Und das aus reiner
Freude und Dankbarkeit für meine liebe Frau.
Heute nun, zum Allerheiligen - Du siehst,
man wird hier in solcher Gegend fast katho-
-lisch - kam endlich ein Lebenszeichen von
Dir, vom 23.X. . Die 4 oder 5 Tage davor fehlen
also noch. Damit werde ich dann hoffentlich
in den nächstenTagen noch beehrt werden.
Denn haben will ich sie, sie sind ja niemals
überholt. Vor allem die lieben Worte und
die vielen Küsse, die will ich auf jeden Fall
noch haben. Weiß ich doch nicht, wenn ich sie
als sowieso gegeben annehme, ob ich sie für mich
in der Hunderter- oder Tausender-Größenordnung
verbuchen soll. Aber ach was! s' ist viel besser,
sich lange, liebe und ganz feste Bussel aufzu-
-drücken, natürlich 'mit', dann weiß ich es schon.

Willst Du davon nicht gleich mal eine Stich-
-probe haben? Bitteschön!
So, jetzt bin ich dichbäuchiger Asthmatiker völlig
aus der Puste, hoffentlich genügt das meiner
Frau.
Weißt Du, diese Margot Breger ist doch ein freches
Geschöpf, wenn sie Dir meine Nachsichtigkeit in
Punkto Wirtschaften vorhält und sich damit ent-
-schuldigen möchte. Meine 'Nachsicht' ist womöglich
nur Vorsicht, wenn ich mir eine Frau suchte
(Stimmt eigentlich nicht, denn wir haben uns beide
ja doch gefunden!), die von Anfang an derlei Fähig-
-keiten verbürgte. Brauchst Dich nach dieser Be-
-wertung aber nicht gleich aufs hohe Roß zu
setzen, denn ich möchte doch so gerne noch
mal über die Suppe oder die angebrannten Kar-
-toffeln nörgeln können. Muß ich da vorher
meine so energische Frau, die das Regiment führen
soll, stets fragen, ich armer, armer, gedrückter Ehe-
-mann? Darf ich dann wirklich dann und
wann daraufhin mal ins Wirtshaus?
Ohje, wenn ich schon solch Fragerei und diesen
Schalk in unseren Briefen verspüre, dann könnte
ich aus der Haut fahren vor Glück und Freude,
mit solch einer Frau verheiratet zu sein. Wir
sind ja beide noch nicht vollkommen, in gemeinsamen
Willen und Wollen werden wir dem Ziele aber schon
näher kommen, das dürfen wir doch glauben.
Na, und zum Schluß als Gute-Nacht-Gruß eine
Unzahl innigster Küße, Umarmungen und Lieb-
-kosungen und ganz leise ins Ohr 'Ich hab Dich
unendlich lieb'
          Dein Wolf

© Horst Decker





     




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