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profilm.de Zeitzeugenberichte

weitere Briefe aus KZs

Brief Konzentrationslager Auschwitz 16. November 1941
Postkarte Konzentrationslager Auschwitz 2. Februar 1944
Brief Konzentrationslager Auschwitz 27. August 1944
Brief Konzentrationslager Buchenwald 28. April 1940
Brief Konzentrationslager Buchenwald 1. Januar 1944
Brief Konzentrationslager Dachau 29. September 1939
Brief Konzentrationslager Dachau 30. August 1940
Brief Konzentrationslager Dachau 6. März 1943
Brief Konzentrationslager Dachau 12. Dezember 1943
Brief Konzentrationslager Dachau 2. Dezember 1944
Brief Konzentrationslager Dachau 29. Dezember 1944
Brief Konzentrationslager Oranienburg 18. Juli 1943

Brief aus dem KZ Auschwitz 29. April 1944

Brief aus dem Konzentrationslager Auschwitz

Aus den Konzentrationslagern durften nur Briefe versendet werden, die in gut leserlicher deutscher Sprache auf dem vorgesehenen Brief- oder Postkartenformular des Lagers geschrieben waren. Jeder Verstoß hiergegen führte nicht nur dazu, dass der Brief nicht weitergeleitet wurde, sondern eventuell auch zu Sanktionen. Da alle Briefe einer Zensur unterlagen, war es auf dem offiziellem Wege nicht möglich, über die wahren Zustände in den Lagern, über den eigenen Gesundheitszustand und die erfahrene Behandlung, erst Recht nicht über Mord, Tod, Demütigungen, Willkür, Menschenversuche, Hunger, Verletzungen und Krankheiten zu schreiben. Daran hielten sich die Lagerhäftlinge auch, denn sie wollten nicht den einzigen Kontakt nach außen riskieren, einerseits, da sie auf dringend notwendige Zuwendungen von außen hofften, andererseits aber auch, um Informationen über den Verbleib und die Lebensumstände der Famile und der Bekannten außerhalb des Lagers zu erhalten.
Und natürlich hofften sie aus dem Umstand, dass man von ihnen wusste, einen gewissen Schutz zu erlangen,
Nur wenn man die familiären Umstände der Gefangenen kennt, so bemerkt man unter Umständen, dass in Lagerbriefen trotz deren scheinbar banalen Inhalte durchaus geheime Mitteilungen versteckt sein können. Man bediente sich u.A. dem Geheimcode, in dem man Begebenheiten aufschrieb, die (nur) für den Empfänger erkennbar unwahr waren und so Rückschlüsse auf Erlebnis des Briefschreibers zuließen.
So konnte der gewaltsame Tod einer der Familie bekannten Person so umschrieben werden, in dem man z.B. schrieb:'Mit Erschütterung habe ich Eure Nachricht vom schrecklichen Unfall und dem Tod von Tante xxx erhalten.'
Da man zu Hause nichts von einer solchen Mitteilung wusste, wohl aber, dass die genannte Person mit ins KZ transportiert worden war, war der wahre Inhalt unschwer darin zu erkennen, dass diese Person im KZ auf schlimme Art und Weise einen unnatürlichen Tod erlitten hat.
Hinter der Frage in diesem Schreiben, ob Andnej in Warschau sei, könnte man bei entsprechendem Wissen die Frage vermuten, ob Andnej ebenfalls in ein KZ deportiert wurde oder es ihm gelungen war unterzutauchen.
Auch übertrieben positive Beschreibungen bedeuten schlicht das Gegenteilige.


Der Postverkehr mit den Lagern, unterlag, wie bereits erwähnt, strengen Regeln, die ich hier für das Lager Auschwitz dem Briefformular von 1944 wörtlich entnehme:

Konzentrationslager Auschwitz
Folgende Anordnungen sind beim Schrift-
verkehr mit Häftlingen zu beachten:
1.) Jeder Schutzhäftling darf im Monat zwei
Briefe oder zwei Karten von seinen Ange-
hörigen empfangen und an sie absenden.
Briefe an die Häftlinge müssen lesbar mit
Tinte, einseitig und in deutscher Sprache ge-
schrieben sein. Gestattet sind nur Briefbögen
in normaler Größe, Briefumschläge ungefüttert.
Einem Briefe dürfen nur 5 Briefmarken von 12 Pf.
der Deutschen Reichspost beigelegt werden.
Alles Andere ist verboten und unterliegt der
Beschlagnahme. Lichtbilder dürfen als Post-
karten nicht versendet werden.
2.)Geldsendungen sind nur durch Postanwei-
sungen gestattet. Es ist darauf zu achten, daß
bei Geld- oder Postsendungen die genaue An-
schrift, bestehend aus Name, Geburtsdatum
und Nr, angegeben ist. Bei fehlerhaften An-
schriften geht die Post an den Absender zurück
oder wird vernichtet.
3.) Zeitungen sind gestattet, dürfen aber nur
durch die Poststelle des K.L. Auschwitz bestellt
werden.
4.) Die Häftlinge dürfen Lebensmittelpaket
empfangen, Flüssigkeiten und Medikamente
sind jedoch nicht gestattet.
5.) Gesuche an die Lagerleitung zwecks Ent-
lassung aus der Schutzhaft sind zwecklos.
6.) Sprecherlaubnis und Besuche von Häftlingen
im Lager sind grundsätzlich nicht gestattet.
Der Lagerkommandant!

Inhalt des Briefes, der am 23. April 1944 von einem polnischen Gefangenen in deutscher Sprache geschrieben und am 29. April 1944 vom Lager weitergeleitet wurde

Es wurde bewusst darauf verzichtet, die Rechtsschreibung zu korrigieren, auch wenn die Verständlichkeit leicht darunter leidet, aber gerade der Zwang, das Leiden in einer fremden Sprache auszudrücken, ohne dabei die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten, wird dadurch dem Leser erfühlbar.



Geliebste Mütterchen und Ihr beste Geschwister.
Ihr letzter Brief (7) habe ich den 7.IV., am Freitag,
kekomen, die Packeten 24 und 25 den 10.IV. und
der Paket Nr. 27 vorgestern. Der Inhalt war allerdings
wunderbar und hat mir große Freude gemacht.
Die Ostern waren für mich, was betribt des Speisen
wie zu Hause, nur diese große, stärkste, Sehn-
sucht nach Euch. Mutti! ich fühle daß wir
sind am nähsten wenn ich bette und dann
weis ich, daß Du bettest gleichzeitig auch mit
mir und für mich, es sind die schönste Wei-
len für mich. Meine Gesundheit ist im bes-
ten Zustande ich fühle mich gut und hal-
te tüchtig. Sie müssen in meinem Nahme

zum Leon schreiben, weil ich kann das nicht tun.
Er fragte mich, ob ist gestattet mir Pakete
schicken mit Tabak und Zigaretten, - man
darf. Ich begrüsse Jureezek am seinen Nahmens-
tag. Schreiben Sie mir, ob Andrej ist im War-
schau, es freut mich daß seine Schwester ist
gesund und hat gute Bescheftigung. Ich dan-
ke allen Bekannten und Kameraden
für die Hefte en Paketen. Wie geben Sie jetzt
sich Rat zu Hause? - Ich gebe mir immer
diese Frage. Mutti ich küsse Deine geliebste
Händchen und umarme Dich herzlich sehr
stark, am starkst, auch liebe Zona, Hama, Ja-
nek, begrüsse ganze Familie, Kameraden,
Euer Sohn und Bruder     Hasrek



ausgewählte Bücher über das Konzentrationslager Auschwitz





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