profilm.de Zeitzeugenberichte Lager Pouxeux

Brief aus dem französischen Gefangenenlager Pouxeux bei Epinal/Frankreich,
geschrieben am 17.01.1947 an Ehefrau in Frankfurt/Main

17.1. Ihr Lieben! Inzwischen sind folgende lb. Briefe angekommen:
Hanni: 26.12., 5.1. u. Vater 29.12. Die Post geht nun sehr schnell, da sie nicht
mehr zensiert wird, nur Päckchen werden noch durchsucht nach
Briefen, Zeitungen u. Medikamenten und (Anm:Pfeil zu Briefen) Stichproben werden gemacht.
Eltern haben nun wenigstens eigene Betten u. einen Tisch, wieder ein
bescheidener Anfang. Kann der gute Mann uns nichts bauen? Na,
mein Weihnachtsgeschenk meiner Eltern war ja sehr schwer, besser als
das meinige, gern hätte ich auch etwas gegeben aber -. Habt Ihr
noch sämtliche Wertsachen? Ihr schreibt von starkem Frost, er war
auch bei uns, macht Euch keine Gedanken, wir sind in einer
wohnlichen Kaserne untergebracht, ein 2-stöckiges Gebäude. Ich be-
wohne mit weiteren 14 ein Zimmer, jeder sein Bett mit 1 Decke u.
1 amerikan. Schlafsack, dazu mein Mantel. Das Fenster schließt
gut u. hat ganze Scheiben, Ofen, Tisch, Bänke u. Stühle als
Inventar; elektr. Licht gibt es auch, Brennstoff ist knapp, doch
eine warme Stube, Waschräume, Duschanlage u. Sanitäres in
Ordnung. In einer Kantine kann man lebensnotwendige Dinge
kaufen. Geld bekommen wir von unserem Arbeitskonto. Lebens-
mittel sind rar und sehr teuer. Man ist besorgt eine Beikost zu
erwischen, doch alles schlägt fehl. Ich arbeite auch nichts mehr,
an meine Stelle trat ein 'Freund' des Lagerführers (ein Radfahrer). Mit
starker Spannung erwarte ich Euer Weihnachtspäckchen, wenigstens
ein Lichtblick in der Ernährungslage. Was gechieht mit den Flüchtlin-
gen (Heimkehrer)? Herzliche u. lb. Küsse Euer Kurt u. Papi!

(Anm:trotz Abschiedssatz geht der Brief auf der nächsten Seite,
die eigentlich vom Empfänger abgetrennt werden soll und
für die Rückantwort vorgesehen ist, weiter.
)

Ihr wollt mir eine Dose Mehl schicken, worüber ich Euch dank-
bar bin, denn die Suppen sind sehr dürftig: Ich teile Euch ein-
mal die durchschnittliche Tagesration mit: morgens Kaffee, 17 g Zucker,
300g Brot. Mittags 100 g Erbsen, 300g Gemüse, 200g Rüben,
10 g Fett, 50 g Trockenkartoffeln, Zwiebeln, Lauch, Zutaten.
Abends: 400 g Gemüse, 200 g Rüben, 10 g Fett, 10 g Erbesenmehl.
Sehr gut werdet Ihr sagen, doch Papier ist geduldig. Davon lebt
noch der Stamm, dessen Verpflegung ich lange genug aß. Kommt
Fleisch hinzu, sieht man davon sehr wenig. Von den ganzen
Sätzen bekommen wir meistens nur 50%. Wie oft kommt
etwas dazwischen, was das Essen verschlechtert, (Ausbleiben
von Nachschub). Man ist also auf irgend einen Nachschub
angewiesen, deshalb frag ich nach Ludwig Seitz in Schier-
stein, ob man ihn nicht irgend beeinflussen könnte, oder
Rudi aus England? Während der Zeit hier im Lager habe ich
schon gewaltig abgenommen, wenn das so weitergeht bin
ich gezwungen wieder auf Kommando zu gehen, doch nicht zum
Minensuchen, diesmal zum Bauern, so viel verstehe ich auch
von der franz. Arbeitsweise, ein Unterschied. Im Uffz.-Lager soll es
auch nicht besonders fürstlich zugehen, lange Maschinenhallen
mit vielen tausend Menschen, mein Ahnen sagt, daß man
solche Lager sehr lange halten wird, es sei denn, der Ami
macht gewaltigen Stunk. Wann hat all diese Schei... ein
Ende, ich habe es satt. Berichtet, ob Brief ankam, ein Versuch!

© Horst Decker


   


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