profilm.de Zeitzeugenberichte Zusammenfassung

Kurt Schellhammer im 2. Weltkrieg
Kurt Schellhammer als Oberfähnrich der Infanterie 1941
(das Bild ist wie im Original seitenverkehrt)

Brief an Kurt Schellhammer von Frau B. Meister, 27. Juli 1940

                      z.Zt. Göttelfingen 27. Juli 1940

Lieber Herr Schellhammer!

Ich habe Ihre Briefe vom 30.6.40 & 8.7.40
wie ich Ihnen bereits bestätigt habe, erhalten
vielen. vielen Dank.
Doch die Antwort, d.h. der ausführliche
Rechenschaftsbericht folgt.
Zum ersten Brief.
Sie sind nun zum zweiten Mal in Stgt,
haben Sie sich im Schwarzwald gut erholt?
allerdings etwas kurz.
Herr Jocken sagte, Sie möchten nach Enge-
land, doch schreiben Sie ins Protektorat,
also ganz entgegengesetzt, denn erstens
kommt es anders & zweitens als man denkt.

Es ist so gut von Ihnen ausgedrückt, ein
versprengtes Kommando.
Also, Sie sehen ein, daß Adelshofen von einem
großen Störenfried durch Ihre Einberufung
befreit wurde. Ich glaube, was & wie Adelsh.
denkt, stört Sie nicht im Geringsten.
Waren Sie wirklich ein Störenfried von
Sitte & Ordnung? -
Gott, wie viel Rücksicht auf meine Zeit,
Wohnung & s.w. . Ihr Brief wurde mir in
meinen ersten Aufenthalt Berghausen
nachgeschickt; jetzt bin ich weitergewandert
ins Schwabenland.
Ich danke für Ihre guten Wünsche
zur Erholung von den Strapazen
der Kriegs- und - Besatzungszeit.

Es geht nichts ganz spurlos an einen vorüber.
Besatzungszeit ist sehr gut gewählt.
Die Einbrecher! -
Ihre Kleider & sonstigen Reichtümer habe ich
noch in Adelsh., ebenso die 3 P. Schuhe.
Die Wäsche & Strümpfe habe ich an Ihre
Frau Mutter abgeschickt & habe sie verständigt,
daß nach meiner Rückkehr das Ihrige
abgeschickt würde. Soll ich auch den
Zucker (X) von Ihrer Karte mitschicken?
Die 'schulischen Angelegenheiten' habe ich
zur besten Zufriedenheit ausgeführt.
Die Wochenbücher geordnet, Verordnungs-
blätter fehlen etliche Nummern, Verfügungen,
Wochensprüche, Bücher habe ich Montag bis
um 11 Uhr geordnet & Dienstag kam Ihre
Nachfolgerin ich übergab dann alles.
Darauf komme ich nochmal zurück.

Ewig werden Sie den zentnerschweren Stein
nicht auf dem Gewissen tragen müssen.
Warum, warum, ach so fragt man so oft
im Leben & es ändert nichts an der Sache.
Herr Schellhammer Sie rechneten schon
lange mit dem St.-Befehl & und wenn es
kommt, ist es zu früh.
Erntehilfe!!
Oft sucht man nach einem Grund,
jedoch war ich immer der schuldige Teil.
Ich glaube, daß Sie froh waren, daß einer
Ihrer heißesten Wünsche in Erfüllung
ging, Adelshofen den Rücken zu kehren.
Ich glaube bestimmt, daß Sie auch schöne
Erinnerungen aus Ad. mitgenommen haben.
Für Ihre Nachfolgerin habe ich den Brief

als Doppelbrief nach Ad. geschickt & schrieb
daß derselbe den Wochenbüchern beige-
legt werden soll.
Die Einzahlung an die Konkordia-Bühl
wird sobald ich zurückkomme erledigt, ebenso
die Ausgabe der Atlasse.
Jetzt zum 2. Brief.
Da sind Sie noch in Stgt. & machtlos
beim Kommis! -
Von Herrn Lehmann hörte ich, daß auch
er den St. Befehl hätte, doch Herr
Jocken (Wäna) sagte Herr Lehmann wäre
reklamiert worden, scheinbar wußte Herr
J. nichts.
Die Mitgliedskarten vom R.L.B. gebe ich
Jockens. Die Flasche werde ich selbst nach
Willstätt besorgen. Die Sache sieht also
dann nicht so dumm aus.
Die Karten habe ich am gleichen Abend
Ihrer Abreise zu Herrn Ehrhard (Becke-Vid)
getragen.
Die Erinnerungen an unsere 'freundlichen
Zwiegespräche' wollen wir vergessen.
Ich bin nicht kleinlich, ich war doch immer
großzügig.
Das Briefpapier stört mich nicht, der
Brief freute mich, wie er war.
Wie ich Ihnen schon schrieb, habe ich
Ihre Frau Mutter verständigt, über das
Abschicken der übrigen Sachen.
Es kann ja in Pfzh. kein Paket an-
kommen, das in Ad. nicht abgeschickt
ist. Mein Mann ist noch nicht ent-

lassen worden.
Ihre Post hat mich irgendwo erreicht.
Mein Mann dankt für Ihre Grüße.
Nun habe ich Ihren Brief beantwortet.
Adelsh. war sehr empört, Herr Schellh.
ist bei Rauschers gewesen zum Abschied &
abends bei der kl. Rauscher.
Dieses falsche Luder, ansehen kann sie
niemand, doch an die Bahn nach
Kark fuhr sie noch. Zum Schein hängte
sie eine Tasche an die Lenkstange als
ob sie in Kark was holen wollte.
Vielleicht hat sie Herr Schellh. noch zu
essen gebracht. Na, er wäre ja dumm, wenn
er es nicht annehme, er soll sich über
den Krieg Päckchen schicken wie sein
Kollege Hoppe. Dann kommt der Trost.

Ach, Herr Schellhammer heiratet die ja nicht.
Das täte den Alten so passen.
Dickl-Rauscher wurde gefragt ob sie schon
Post von Ihnen hätte, darauf sagte sie,
von Berlin kann noch keine Post da
sein & jetzt werden die Adelshofer zufrieden
sein, wenn der Herr Lehrer weg ist.
Sprach die Kleine ans Herz vorbei?
Als Ihr Nachfolger wurde ein Herr Bacher
aus Hohnburst 39 Jahre kath. im Schul-
kalender in Ebersweia bei Durlach
eingetragen, ausgewiesen. Jedoch der Herr
kam nicht, die Schüler waren da, um
9 Uhr ließ ich sie springen.
Ema Soth fragte vor versammelter
Klasse, ob der Herr Lehrer jung sei!!!

Ein anderer Lehrer wurde angewiesen &
kam ebenfalls nicht.
Das Kreisschulamt rief an & sagte, daß bald
Ersatz kommt.
Wanner hat natürlich alle Post eisern an
sich genommen, er hat dabei vergessen, daß
Ortsschulbehördenfrüher war & jetzt Schul-
amt heißt.
Nun kam ein Frl. Beneke, Maria,
kath. aus Fischbach bei Wolfach, 39 Jahre.
Wanner schickte sie zu mir wegen deinem
Zimmer, ich bedauerte sehr (am Herz
vorbei). Jetzt wohnt sie bei Mich. Reif &
fährt am Samstag nach der Schule
nach Offenburg zu den Eltern, die dort
wohnen & kommt am Montag zurück.
Frl. Beneke sagte mir, daß sie sich für
Elsas-Lothringen gemeldet hat, da sie ja

früher in Straßburg wohnte.
Frl. Beneke sagte mir, Sie hätte 12 Wochen
keine Einträge ins Wochenbuch gemacht.
Auch wäre sie nie dienstführende
Lehrerin gewesen.
Ich sagte Frl. Beneke soll sich an Herr
Gräßlin in Kark wenden; ebenso Frl. Keiber
verständigen wegen Handarbeits-Unterricht
& Herrn Pfarrer Bauer wegen Religion.
Sie schreiben so schön, ich brenne darauf
etwas von der Lage zu erfahren, ich
glaube Ihnen ausführlich geschrieben
zu haben.
         1. August 1940
Jetzt geht's weiter, ich bin immer noch
in E., jedoch wartet mein Mann

jeden Tag auf Befehl zum Abrücken.
Im nächsten Brief wohin!
Dann gehe ich allein heim.
Nun Schluß, damit der Brief weggeht.

         Herzliche Grüße & auf Wiedersehen
         Ihre B. Meister

(Anm.: es folgen einige Zielen in völlig ander Schrift - Sütterlin)

Lieber Kollege!
Auch ich will nur ganz kurz
einen Gruß hinzufügen. Ich werde
in den nächsten Tagen nach Frankreich
wieder abrücken. Leben Sie wohl
und lassen Sie auch mal was hören.
      herzlichen Gruß
         und auf Wiedersehen
         Ihr Kamerad,
              Otto Meister


© Horst Decker


     


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